Was besagt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb für die Lebensmittelindustrie?

27.10.2017 - Deutschland

Rund 90 Prozent der Lebensmittel in Deutschland, auf deren Verpackungsvorderseite mit Vitaminen geworben wird, entsprechen nicht den Standards der WHO. Dies fand Foodwatch in einer Studie des Jahres 2016 heraus. Ein unrechtmäßiges Bewerben von Produkten kann durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) allerdings schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Was im UWG weiterhin festgeschrieben ist, erfahren Sie im nachfolgenden Artikel.

Das UWG soll in erster Linie für faire  Chancen auf dem Wirtschaftsmarkt sorgen, denn dort existiert stets ein großer Konkurrenzkampf. Durch diesen werden die Firmen zur Leistungsverbesserung sowie zur Entwicklung von Innovationen angespornt. Hierbei profitiert neben dem Unternehmen selbst natürlich auch der Verbraucher. Teilweise wird allerdings zur Abhebung von anderen Betrieben auf unlautere Mittel zurückgegriffen. Das bedeutet, dass durch die Verunglimpfung der Konkurrenz, die Irreführung des Verbrauchers und ähnliches die eigene Firma besser dargestellt wird. Folgende Szenarien stellen beispielsweise laut UWG einen Verstoß gegen den Mitbewerberschutz dar:

  • Herabsetzung von Waren, Dienstleistungen, Verhältnissen oder Kennzeichen eines Mitbewerbers
  • Verbreitung von Informationen über ein Unternehmen oder dessen leitende Angestellte, die nachweislich gelogen sind und es ermöglichen, dem Image bzw. der finanziellen Kraft des betroffenen Betriebs zu schaden
  • Anbieten von Waren oder Dienstleistungen, welche Handelsgegenstände eines Mitbewerbers nachahmen. Unlauteres Handeln besteht dabei laut Gesetz jedoch erst, wenn die für die Nachahmung nötigen Kenntnisse unehrlich beschafft, eine Täuschung über den Schaffensprozess präsentiert oder die Wertschätzung für die gefälschten Artikel ausgenutzt wird.

Irreführung des Verbrauchers

Unlautere Taten können sich aber genauso gegen den Verbraucher richten, wenn sie irreführend, zum Beispiel mit unwahren Angaben, zu geschäftlichen Entscheidungen verleitet werden, welche sie unter anderen Umständen nicht getroffen hätten. Ein Beispiel hierfür ist das Anpreisen von sogenannten Ladenhütern mit Schlagwörtern wie „limitiert“ oder „nur kurzzeitig verfügbar“, um die Verkaufswirkung anzukurbeln. Entsprechen diese Angaben nämlich nicht der Wahrheit, ist dies ein Verstoß gegen das UWG.

Auch im Nahrungsmittelbereich ist die Irreführung des Verbrauchers Dauerthema, da sehr viele Lebensmittel mit Aussagen zur einer verbesserten körperlichen Gesundheit werben. Diese sogenannten Health Claims, zu Deutsch gesundheitsbezogene Versprechen, sind oft nicht gerechtfertigt, weshalb seit Ende 2012 nur von der EU zugelassene Werbeaussagen getätigt werden dürfen. Folgende Angaben dürfen beispielsweise wegen fehlender Nachweise nicht getätigt werden:

  • Glucosamin für gesunde Knochen und Gelenke
  • Cranberry zur Förderung der Blasengesundheit
  • Probiotische Joghurts wirken positiv auf das Immunsystem

Im Jahr 2016 wurde zudem einem Fall große Aufmerksamkeit zuteil, bei dem eine Brauerei mit dem Slogan werben wollte, ihr Bier sei bekömmlich. Die Brauerei Härle hatte deklariert, dass „bekömmlich“ eine „reine Qualitätsaussage“ darstelle. Der Streitgegner, der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW), war dagegen der Meinung, der Begriff wäre irreführend, da er die Gefahren des Alkoholkonsums verschleiere sowie einen gesundheitlichen Nutzen suggeriere. Letzterem schloss sich das Oberlandesgericht Stuttgart nach jahrelangem Streit schließlich an und entschied, dass die Bezeichnung zu den gesundheitsbezogenen Angaben gehöre, welche seit 2006 nach der Health-Claims-Verordnung für Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent untersagt seien.

Auch in Bezug auf die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) kann ein Verstoß gegen das UWG Konsequenzen nach sich ziehen, beispielsweise wenn Hinweise zu den Inhaltsstoffen eines Nahrungsmittels nicht korrekt aufgeführt werden. Das LMIV gilt seit 2014 europaweit und regelt unter anderem die Pflicht zur Nährwertkennzeichung, Allergenkennzeichnung sowie die Mindestschriftgröße solcher Angaben.

Welche Folgen drohen bei unlauterem Handeln?

Wenn einem Unternehmen unlautere Mittel durch die Konkurrenz bekannt werden, kann in jedem Fall zur Beseitigung des Störzustands aufgefordert werden. Daher sollte zunächst eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung verfasst werden. Hierbei empfiehlt es sich, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Auch wenn lediglich ein Mitarbeiter des Betriebs für den Gesetzesverstoß verantwortlich war, ist der Unterlassungsanspruch gegen den Unternehmensinhaber zu richten. Reagiert der Beschuldigte nicht auf die Abmahnung, kann im Anschluss eine einstweilige Verfügung erwirkt werden. Meist besteht zudem eine Pflicht zu Schadensersatzzahlungen, insbesondere wenn die Konkurrenz durch das unlautere Verhalten Gewinne erzielt hat.

Ein präzises Strafmaß, das im Gesetz genannt wird, ist die Freiheitsstrafe von zwei Jahren oder eine Geldstrafe im Falle von absichtlichen öffentlichen Bekanntmachungen irreführender Werbung, um den Eindruck eines besonders günstigen Angebots zu vermitteln. Selbiges gilt für das unbefugte Verwerten von geschäftlichen Dokumenten sowie das Verleiten eines anderen zur Verwendung von unlauteren Mitteln. Wer Betriebsgeheimnisse zu Wettbewerbszwecken an andere weiterreicht, muss sogar mit einer Freiheitsstrafe von drei Jahren rechnen. Bereits der Versuch dieser Tatbestände ist strafbar.

Im Anhang des UWG sind zusätzlich einige Beispiele aufgelistet, die als unlautere geschäftliche Handlungen definiert werden, so auch die bereits erwähnte Verwendung von Gütezeichen, Qualitätssiegeln oder ähnlichem ohne die notwendige Genehmigung.

Genauso ist aber auch mit Konsequenzen im Falle eines Missbrauchs der Unterlassungsforderungen zu rechnen, das heißt, bei etwaigen Anschuldigungen sollten zuvor unbedingt konkrete Beweise für den Verstoß vorliegen.

Weitere Informationen zum UWG und ähnlichen Themen finden Sie kostenlos unter www.abmahnung.org (rechts neben dem Artikel verlinkt).

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