Darf nur Ritter Sport quadratisch sein?

19.10.2017 - Deutschland

"Machen wir doch eine Schokolade, die in jede Sportjacketttasche passt, ohne dass sie bricht, und das gleiche Gewicht hat wie die normale Langtafel", sagte 1932 Clara Ritter, die mit ihrem Mann Ritter Sport gründete. Es war der unternehmenseigenen Geschichtsschreibung zufolge die Geburtsstunde des Schokoladenquadrats. 85 Jahre später spielt die Idee wieder eine Rolle - in einem Markenstreit, über den am Mittwoch der Bundesgerichtshof verhandelte. (Az.: I ZB 105/16 u.a.)

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In den 1960er Jahren strich der Schokoladenhersteller sein Sortiment zusammen. Übrig blieb das Quadrat, dessen Verpackung sich das Unternehmen als dreidimensionale Marke schützen ließ. Das bedeutet, dass niemand anderes Schokolade in dieser Form verpackt anbieten darf. Die Konkurrenz ging dagegen nun juristisch vor.

"Unternehmen versuchen, sich bestmöglich davor zu schützen, dass die Konkurrenz ihr Produkt nachmachen kann", sagt Alexander Dröge vom Markenverband. Der Kunde soll nicht abwandern. Alles, woran sich der Verbraucher gewöhnt habe, werde mit Kräften verteidigt.

Allerdings ist eine Eintragung nach dem Markengesetz nur möglich, wenn die Form geeignet ist, die Produkte eines Unternehmens von denjenigen der Konkurrenz zu unterscheiden. Nicht geschützt werden können Formen, die durch die "Art der Ware" bedingt sind oder die nötig sind, um eine "technische Wirkung" zu erreichen.

Genau hieran scheiterte aus Sicht der Bundespatentrichter der Markenschutz für die Ritter-Sport-Verpackung. Die Form werde durch die Art der Ware "Tafelschokolade" bestimmt und könne damit nicht als Marke eingetragen werden. Zur Begründung hielten es sie mit Clara Ritter. Ein Quadrat passe besser in eine Jackentasche als eine rechteckig-längliche Tafel. Die Verpackung ist demnach quadratisch, weil das bei Schokolade eben "praktisch" ist - um es mit den Worten der Werbetexter des schwäbischen Unternehmens zu sagen.

Unternehmenssprecher Thomas Seeger hält dieses "historische" Argument für "völligen Quatsch". "Versuchen Sie mal, unsere 250-Gramm-Tafel in die Hosentasche zu stecken." Auch der BGH sah darin keinen Grund, den Markenschutz entfallen zu lassen und hob die Entscheidung auf.

Ähnlich ging ein zweiter Fall aus: Dextro Energy hatte die Quaderform seines Traubenzuckers als Marke eintragen lassen. Auch hier waren die Karlsruher Richter nicht damit einverstanden, wie das Bundespatentgericht für eine Löschung der Marke argumentiert hatte.

Das hatte angenommen, dass die Form des Traubenzuckers eine "technische Wirkung" habe. "Die Quaderform der Täfelchen ermögliche eine platzsparende Stapelung (...), um sie vor allem während sportlicher Aktivitäten mitführen und unterwegs konsumieren zu können." Und die Vertiefungen gewährleisteten als Sollbruchstellen die leichte und gleichmäßige Portionierung von Traubenzuckereinheiten. Soweit stimmte der BGH noch zu.

Dass aber auch die "abgeschrägten Ecken und Kanten" eine technische Wirkung hätten, weil sie "dem angenehmeren Verzehr" dienten, stieß in Karlsruhe auf Stirnrunzeln. Da gehe es dann wohl eher um eine "sensorische Wirkung beim Verbrauch".

Das Bundespatentgericht wird beide Fälle noch einmal prüfen müssen. Für Ritter Sport gehe es dabei auch ein Stück weit um seine "DNA", sagt Sprecher Seeger. Aber selbst wenn der Markenschutz fallen sollte, erwarte er nicht, dass die Konkurrenz komplett auf quadratische Tafeln umstellen würde. Außerdem: "Die Leute werden bei quadratischer Schokolade weiter an Ritter Sport denken und sonst an niemanden."/cko/DP/stb (dpa) 

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