Bio – Öko – Regio: Attribute für neues Verbraucher-Vertrauen

Die Brot- und Gebäckvielfalt erhält durch Getreidesorten wie Dinkel, Einkorn oder Emmer neue Dimensionen / südback präsentiert Trends im Rohstoffmarkt

13.09.2016 - Deutschland

Für die Ernährungshandwerker mögen die Lebensmittelskandale längst Geschichte sein – und überdies eher als Problem der Industrie erscheinen. Verbraucher interessiert nicht so sehr die Produktionsstätte des Brotes, sie sind eher wegen der Inhaltstoffe sensibilisiert. „Es hat sich ein neues Ernährungsbewusstsein entwickelt“, betont Holger Knieling, geschäftsführender Vorstand der BÄKO-Zentrale Süddeutschland eG, und verweist darauf, „dass der deutsche Bio-Markt kontinuierlich wächst.“ Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Ausstellerangeboten der Südback 2016 wider, die vom 22. bis 25. Oktober in Stuttgart stattfindet. Ob Wellness- oder Fitness-, Gesundheits- oder Bio-Trend, die Bäcker und Konditoren können sich dem Wandel der Verbrauchermeinung nicht dauerhaft verschließen. Weizen und Roggen bleiben zwar nach wie vor die Hauptgetreidesorten, aus denen die deutsche Brot- und Gebäckvielfalt hergestellt wird. Die anspruchsvollen Konsumenten wissen jedoch um die Begleiterscheinungen von Gluten in Weizenbackwaren oder Zusatzstoffen mit Allergiepotenzial. Sie zeigen zunehmendes Interesse an den „neuen“ alten Getreidesorten wie Dinkel, Einkorn oder Emmer.

Rohstoffbezug: „Wir dürfen das Vertrauen der Kunden nicht enttäuschen“

Darüber hinaus wird Nachhaltigkeit und damit die Frage des Rohstoffbezugs aus der Region zu einem für die Verbraucher immer wichtigeren Faktor. „Wir dürfen das Vertrauen unserer Kunden nicht enttäuschen“, mahnt Bäckermeister Volker Lutz aus Remseck/Neckargröningen. Er sieht es zum Beispiel auch als seine Verantwortung an, mit den Backwaren aus seiner glutenfreien Backstube die richtige Antwort auf altersgerechte Bekömmlichkeit zu geben. Ebenso wie die Bäckerei Lutz achten auch viele Handwerksbäcker daher nicht allein auf ihre Rezepturen, sondern auch darauf, welche Rohstoffe sie für ihre Backwaren verwenden.

Steigende Ansprüche in der Backstube

„Reinheit und Naturbelassenheit sind für mich entscheidende Kriterien bei der Auswahl der Rohstoffe, die ich in meiner Bäckerei einsetze“, unterstreicht beispielsweise Bäcker- und Konditormeister Jochen Baier aus Herrenberg, der einen südback-Besuch auch in diesem Jahr fest eingeplant hat. Selbst betroffen von Allergien und Bäckerasthma sei ihm als Demeter-Bäcker die Herkunft und Qualität seiner Rohstoffe „elementar wichtig“, sagt Baier und hebt zugleich die Bedeutung von Rohstoff-Attributen wie „Bio“, „Öko“ oder „Regio“ für seine Unternehmensphilosophie hervor. „Auf der südback finde ich alle relevanten Anbieter konzentriert beieinander und direkt ansprechbar. Dieser persönliche Kontakt ist mir wichtig.“

Ein Argument, das auch auf Erzeugerseite zieht. „Die Handwerksbäcker sind die Hauptabnehmer des Biospeisegetreides“, erläutert Dorothee Blank vom Bioland-Verband, „die südback ist daher ein wichtiges Podium.“ Nicht nur der Erfahrungsaustausch mit Bäckern, die Bioland-Getreide handwerklich verarbeiten, ist wichtig. Ebenso sind auch die Mitarbeiter aus dem Backwarenverkauf und die Lehrlinge als südback-Gäste willkommen. Der Schwerpunkt des Bio-Getreideanbaus liegt auf Weizen, Dinkel und Roggen, während Urgetreide wie Emmer, Einkorn oder Kamut für Bioland-Landwirte eher als Nischenprodukte gelten. Aber die Nachfrage zieht augenscheinlich an. „Urgetreide ist für uns schon jetzt das stärkste Wachstumsthema in Deutschland und in Europa“, betont etwa Manfred Laukamp, Channel Activation Manager DACH & Nordics bei CSM Bakery Solutions und ist überzeugt: „Die traditionsreiche Herkunft und das Image von Urgetreiden wie Einkorn, Emmer oder Waldstaudenroggen passen perfekt zum Bäckerhandwerk!“ Den Anspruch der handwerklichen Bäckereien unterstützt auch die Landshuter Kunstmühle C.A. Meyer´s Nachfolger AG. Vorstand Michael Hiestand verweist auf den Grundsatz der Bio-Mühle: Natürlichkeit und absolute Transparenz. „Wie bei allen Bio-Mehlen wird auch bei Spezialmehlen strengstens auf technische Enzyme oder andere deklarationsfreie Zusatzstoffe verzichtet“, verspricht Hiestand.

Den Schulterschluss der Rohstofflieferanten mit den Landwirten unterstreicht Karl Schmitz, Geschäftsführer der Ulmer Schapfenmühle für das Bäckereigeschäft. Bisher eher bekannt als Dinkel-Vermarkter, unterstützt das Unternehmen schon seit einiger Zeit ein Emmer-Forschungsprojekt der Uni Hohenheim, und verstärkt bei Züchtern das Bewusstsein für alte Getreidesorten. Besonders die alten Getreidesorten, im Erbgut noch unverfälscht und nicht auf hohen Ertrag gezüchtet, besäßen noch weitgehend ihre natürlichen Eigenschaften, erläutert Schmitz. „Urgetreide bieten Handwerksbäckern Potenzial für Wertschöpfung durch Premiumisierung“, unterstreicht auch CSM-Manager Laukamp, „und sie bieten ihnen eine optimale Möglichkeit, sich erfolgreich und langfristig von LEH und Discount zu differenzieren.“

Diesen Effekt kann auch ein Backwarenangebot in Bio-Qualität erreichen, meint BÄKO-Zentrale Geschäftsführer Holger Knieling: „Von Vorteil sind insbesondere die vorhandenen und nachvollziehbaren gesetzlichen Regularien, die vom Endverbraucher anerkannt sind.“ Gepaart mit dem Thema „Regionale Herkunft“ entstehe „ein ausgeprägtes Wir-Gefühl der Endverbraucher und Erzeuger“. In der glaubwürdigen Kombination von Bio und Regionalität sieht Knieling den „Königsweg“: Eine „emotionale Kraft, die Preisbarrieren brechen kann.“

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