Der «kleine Luxus» vom Discounter

Vor Weihnachten entdecken die Discounter ihre Liebe für Delikatessen. Neben der Cola für 39 Cent und Dosentomaten für 35 Cent finden sich dann auch Champagner und Rinderfilet im Regal. Und die Verbraucher greifen gerne zu.

04.12.2015 - Deutschland

Rinderfilet und Wildlachs von Lidl, Champagner und Hirschsteaks von Aldi, Gourmet-Ente von Penny: Rechtzeitig vor Weihnachten entdecken Deutschlands Billiganbieter wieder ihr Herz fürs Edle. «Der Trend zu Luxusangeboten vor den Festtagen ist bei den Discountern ungebrochen. Wir beobachten sogar, dass die Platzierung der Produkte immer attraktiver wird», berichtet Handelsexperte Fred Hogen vom Marktforschungsunternehmen Nielsen. 

Tatsächlich treiben die Discounter zum Fest einigen Aufwand, um ihre Premium-Produkte ins rechte Licht zu rücken. So hat Lidl den Fernsehkoch Kolja Kleeberg ein Drei-Gänge-Menü mit Fenchelsalat, Sauerbraten vom Rinderfilet und Créme Brûlée konzipieren lassen, dessen wichtigste Zutaten natürlich aus den Regalen des Discounters stammen. Und Aldi Süd lockt mit einem Menü-Konfigurator für die Weihnachtsfeiertage, der nicht nur Kochrezepte liefert, sondern auch noch passende Weine aus den Aldi-Regalen empfiehlt. 

«Für die Discounter ist das Geschäft mit dem «kleinen Luxus» vor den Festtagen lukrativ. Denn die Kunden greifen zu und kaufen mehr ein als sonst», berichtet Hogen. Zwar hätten die Discounter inzwischen einige Premium-Produkte das ganze Jahr im Angebot. Doch zu Weihnachten und zu Ostern werde das Sortiment mehr als verdoppelt. «Rund 50 Prozent des Umsatzes mit den Premium-Handelsmarken wird in den Wochen vor Ostern und Weihnachten gemacht», weiß der Experte. 

Doch geht es nicht nur um die Umsätze. «Das ist für die Aldi und Co.

auch eine gute Gelegenheit, ihr Image nachzuschärfen, indem sie ihre Lebensmittelkompetenz beweisen», betont Handelsexperte Wolfgang Adlwarth von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Außerdem seien diese Produkte wichtig, um qualitätsorientierte und einkommenstarke Käufer zu binden, die sonst möglicherweise zu Super- und Verbrauchermärkten abwandern würden. 

Tatsächlich stehen die Discounter zur Zeit unter einigem Druck. Ihr Erfolgsrezept «gut und billig», das ihnen jahrzehntelang in Deutschland ein stürmisches Wachstum bescherte, scheint an Grenzen zu stoßen. Der Grund: Die «klassischen» Supermärkte haben in den vergangenen Jahren viel in Laden-Design und Service investiert und damit offenbar den Geschmack vieler Kunden getroffen. Außerdem schauen die Verbraucher angesichts der guten Konjunkturlage weniger aufs Geld. 

Das hat die erfolgsverwöhnten Billiganbieter in die Defensive gebracht. Während die Supermärkte in den ersten neun Monaten dieses Jahres ihre Umsätze laut GfK um 3,5 Prozent steigern konnte, mussten die Discounter Einbußen von 0,6 Prozent hinnehmen. 

Dennoch wäre ein Abgesang auf die Billiganbieter verfrüht. Denn längst sind Aldi, Lidl und Co. dabei, sich im Kampf um die immer anspruchsvoller werdenden Kunden neu zu erfinden. Sie investieren Millionen in ihr Image und in Serviceangebote, die Discount-Manager alter Schule als überflüssige Spielereien abgetan hätten. 

«Die Luxus-Angebote sind auch Teil der Bemühungen, hier gegenzuhalten», meint Hogen. Doch auch im Rest des Jahres sind die Billiganbieter immer öfter bemüht, den Kunden «etwas mehr» zu bieten: Produkte aus der Region, Angebote mit dem Bio-Label oder Fairtrade-Produkte. Nur billig war gestern.

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