Massentierhaltung ist „das höchste von Menschen ausgehende Risiko“ für Pandemien

Bericht der Ernährungsorganisation erhält Unterstützung aus dem UN-Umweltprogramm

21.07.2020 - Deutschland

Der Food & Pandemics Report identifiziert den Verzehr und die Haltung von Tieren als das risikoreichste menschliche Verhalten im Zusammenhang mit Pandemien und fordert dringende Änderungen des globalen Ernährungssystems, um künftige Ausbrüche zu verhindern. Das UN-Umweltprogramms (UNEP) unterstützt die Thesen des Berichts.

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„Der ProVeg-Bericht zeigt deutlich den Zusammenhang zwischen der industriellen Tierproduktion und dem erhöhten Risiko von Pandemien auf. Noch nie zuvor gab es so viele Möglichkeiten für Krankheitserreger, von Wild- und Haustieren auf den Menschen überzuspringen“, so Dr. Musonda Mumba, Chefin der Abteilung für terrestrische Ökosysteme des UNEP.

Der Bericht legt fundiert dar, dass unsere Ernährungsgewohnheiten und das globale System zur Ernährung der Menschen die Hauptursache für Zoonosen – Krankheiten wie COVID-19, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden – sind. Dies geschieht auf 3 klare und sich gegenseitig verstärkende Weisen:

1. Durch die Zerstörung der natürlichen Lebensräume von Tieren und dem damit einhergehenden Verlust der biologischen Vielfalt, was weitgehend durch die industrielle Tierhaltung verursacht wird.

2. Durch den Verzehr von Wildtieren.

3. Durch die Haltung von sogenannten Nutztieren in der Massentierhaltung als Nahrungsmittel.

Etwa 75 % aller neu auftretenden Infektionskrankheiten sind zoonotischer Natur. Zoonotische Krankheiten, zu denen SARS, MERS, Ebola, Tollwut und bestimmte Formen der Influenza gehören, sind jährlich für weltweit schätzungsweise 2,5 Milliarden Krankheitsfälle und 2,7 Millionen Todesfälle verantwortlich.

Obwohl der Ursprung solcher Ausbrüche – wie bei COVID-19 – tendenziell mit Wildtieren in Verbindung gebracht wird, springen die Erreger häufig auch von Wildtieren auf sogenannte Nutztiere über, bevor sie auf den Menschen übertragen werden. Dies war bei den jüngsten pandemischen Bedrohungen wie der Vogel- und der Schweinegrippe der Fall.

„Das Rezept für eine Katastrophe ist überraschend einfach: ein Tier, eine Mutation, ein Mensch und eine einzige Kontaktperson. Wir kennen noch nicht die ganze Geschichte über die Entstehung von COVID-19, aber in Bezug auf die Schweinegrippe und die Vogelgrippe gibt es keine Ungewissheit: Diese Viren sind in Massentierhaltungsbetrieben entstanden, wo die Bedingungen für die Entwicklung und Übertragung von Viren sowie für die Bildung einer antimikrobiellen Resistenz ideal sind. Tierfabriken sind perfekte Brutstätten für zukünftige Pandemien“, erklärt Jens Tuider, Internationaler Direktor von ProVeg und Hauptautor des Berichts.

Der Experte stellt außerdem klar: „Es gibt so viele Gründe, Massentierhaltung zu beenden – zur Bewältigung der Klimakrise, zum Schutz der Umwelt, zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen, zum Schutz unserer Gesundheit und für das Wohlergehen der Tiere. Aber die Eindämmung des Risikos der nächsten Pandemie, die noch verheerendere Auswirkungen als COVID-19 haben könnte, ist vielleicht der überzeugendste Grund von allen. Die Wissenschaft unterstützt dies eindeutig, doch gibt es genügend politischen Willen?“

Auch Themen wie Klimawandel, der das Risiko künftiger Pandemien erhöht, sowie anti-mikrobielle Resistenzen, die die Auswirkungen der Pandemien noch verschärfen werden im Report aufgegriffen. Beide Faktoren werden durch unser auf Tieren basierendes Nahrungssystem begünstigt, dessen Nachfrage weiterhin rasch wächst. Des Weiteren befasst sich der Bericht mit den Auswirkungen von COVID-19 auf die Beschäftigten in Schlachthöfen.

Dr. Mumba äußerte sich als Reaktion auf die jüngsten COVID-19-Ausbrüche in fleischverarbeitenden Betrieben auf der ganzen Welt, wie beispielsweise in Großbritannien, den USA und Deutschland, folgendermaßen: „Wir haben in den letzten Monaten gesehen, dass Tierfabriken ein Hotspot für die Verbreitung von COVID-19 waren. Dies bietet eine weitere Gelegenheit, unsere Lebensmittelsysteme zu überdenken, da zwischen diesen und Pandemien ein Zusammenhang besteht.“

Der Food & Pandemics Report folgt einer Reihe von Berichten mit ähnlichen Ergebnissen, die in den letzten Wochen vom WWF, der Universität Cambridge und dem UN-Umweltprogramm veröffentlicht wurden. Es besteht ein wachsender Konsens zwischen NGOs, akademischen Institutionen und der wissenschaftlichen Gemeinschaft, dass das globale Ernährungssystem verändert werden muss, wenn wir zukünftige Pandemien verhindern wollen.

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