Lebensmittelverluste nach der Ernte minimieren

12.11.2019 - Österreich

Grazer Forschendenteam entwickelt biologische Methoden zur Verbesserung der Lagerfähigkeit von Obst und Gemüse. Die Ernten sind eingebracht. Jetzt gilt es, die verschiedenen Feldfrüchte gut zu lagern und möglichst lange und schonend haltbar zu machen. Nachernteverluste durch Verderben stellen aber ein signifikantes Problem entlang der Lieferkette dar und führen zu Gewinneinbußen in Millionenhöhe. Laut Statistik der FAO (Food and Agriculture Organization der UNO) geht fast die Hälfte der Welternte (45 Prozent) von Früchten und Gemüsen auf dem Weg zum Endverbraucher verloren. Hauptursachen für diese Verluste sind vor allem Schädlings- oder Krankheitsbefall sowie falsche Lagerbedingungen, die zu Fäulnis oder zu Frischmasseverlusten durch Atmung und Verdunstung führen. Abhilfe schafft oft nur der exzessive Einsatz von Chemikalien. Forschende des Instituts für Umweltbiotechnologie der TU Graz in Zusammenarbeit mit dem Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) und Industriepartnern haben ökologische Methoden erfolgreich getestet, die die Lagerung von Äpfeln und Zuckerrüben – exemplarisch für andere Obst- und Gemüsesorten – verbessern.

Lunghammer - TU Graz

Gabriele Berg (re.), Birgit Wassermann (Mitte) und Peter Kusstatscher (li.) vom Institut für Umweltbiotechnologie der TU Graz und dem Austrian Center of Industrial Biotechnology konnten mit ihrer Methode die Haltbarkeit von Obst und Gemüse signifikant verbessern und Nachernteverluste minimieren © Lunghammer – TU Graz

Haltbarkeit von Äpfeln deutlich gesteigert

Die Heißwasserbehandlung (HWT) hat sich bei einer Vielzahl von Kulturen als eine nachhaltige Methode zur Reduktion des pilzbedingten Fruchtverfalls nach der Ernte bewährt. Dabei werden Äpfel kurz in ein heißes Wasserbad getaucht. Dieser „Hitzeschock“ regt natürliche Abwehrmechanismen des Apfels an, das Wirkprinzip ist dabei noch nicht vollständig aufgeklärt. Dennoch kommt es immer wieder zum Ausbruch von Pathogenen in der Lagerung und der Apfel verdirbt.

In einem Laborversuch haben die Leiterin des Instituts für Umweltbiotechnologie Gabriele Berg, Doktorandin Birgit Wassermann und Doktorand Peter Kusstatscher nun eine Methode erfolgreich getestet, die die Lagerfähigkeit von Bio-Äpfeln durch den kombinierten Einsatz von HWT und Biokontrollorganismen signifikant verbessert. Birgit Wassermann erklärt die Versuchsanordnung: „Wir haben Bio-Äpfel mit zwei der wichtigsten Fäulniserreger infiziert, anschließend mit Heißwasser und mit einem von uns designten Biokontrollmittel behandelt. Durch diesen kombinierten Ansatz konnten wir bei rund 60 Prozent der so behandelten Äpfel die Nacherntepathogene entweder gänzlich abtöten oder den Infektionsdurchmesser maximal eindämmen.“ Gegenüber der Kontrollgruppe – Äpfel die nur mit HWT behandelt wurden – zeigen sich mit der Kombi-Methode um 20 Prozent bessere Ergebnisse in der Resistenz der Äpfel gegen Lagerfäule. Die additive Schutzwirkung des aus dem Apfelmikrobiom einheimischer Bio-Äpfel gewonnenen Biokontrollmittels zur Bekämpfung der Lagerschimmelpilze konnte eindeutig nachgewiesen werden. Die Ergebnisse der Studie wurden im Journal Frontiers in Microbiology veröffentlicht.
„Dieser kombinierte Ansatz ist eine nachhaltige und ökologisch sinnvolle Möglichkeit, um die Apfelfäule einzudämmen. Auf Basis dieser Methode können wir gemeinsam mit industriellen Projektpartnern die Apfellagerung optimieren“, fasst Institutsleiterin Gabriele Berg zusammen.

Das Apfelmikrobiom bleibt erhalten

Gleichzeitig hat das Team rund um Gabriele Berg erstmals untersucht, wie sich die Heißwasserbehandlung auf das Mikrobiom des Apfels, also die Gesamtheit aller Mikroorganismen, auswirkt. Gemeinsam mit einem steirischen Bioobstunternehmen konnten die Forscherinnen und Forscher in einem Versuch im industriellen Maßstab zeigen, dass das natürliche Mikrobiom von Äpfeln durch die HWT-Behandlung unverändert bleibt, wohingegen Schadpilze nahezu gänzlich eingedämmt werden. Dies beweist, dass HWT zur Ausschüttung von bestimmten pflanzeneigenen Abwehr-Metaboliten führt, die Schaderreger abtöten, ohne das natürliche apfelassoziierte Mikrobiom zu beeinflussen. Die enge Verbindung zwischen der Pflanze und ihren mikrobiellen Symbionten wird dadurch ein weiteres Mal bestätigt. Erst vor wenigen Wochen hat dasselbe Forschendenteam der TU Graz rund um Gabriele Berg und Birgit Wassermann mit seiner Studie zur Zusammensetzung des Apfelmikrobioms Aufsehen erregt. Mit jedem Apfel essen wir etwa 100 Millionen Bakterien, allerdings unterscheidet sich das Mikrobiom eines Bio Apfels ganz wesentlich von dem eines konventionellen Apfels. Gelagerte Äpfel mit faulen Stellen enthalten auch ein grundsätzlich anderes Mikrobiom, das zu 99 Prozent aus Pilzen und nur zu einem Prozent aus Bakterien besteht.

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