Weg der Wilke-Wurst in Einzelhandel nicht nachvollziehbar

09.10.2019 - Deutschland

Die Kritik der Verbraucherorganisation Foodwatch im Fall Wilke zeigt Wirkung. Das Land Hessen veröffentlicht eine Liste der betroffenen Handelsmarken. Doch noch immer können sich Verbraucher nicht sicher sein, kein Wilke-Fleisch auf dem Teller zu haben.

Vor knapp einer Woche schlossen Behörden den nordhessischen Fleischhersteller Wilke. Zuvor hatte es wiederholt Keimfunde in Wurstprodukten und zwei Todesfälle gegeben, die damit in Zusammenhang stehen. Noch immer läuft ein weltweiter Rückruf von Wilke-Produkten. Fragen und Antworten dazu.

Müssen Verbraucher Angst haben, ohne ihr Wissen Wilke-Wurst zu kaufen oder zu essen?

Zum Stand der Rückrufaktion und den betroffenen Firmen haben Behörden bisher keine Angaben gemacht. Dennoch dürfte ein Großteil der Wilke-Waren in Deutschland aus dem Verkehr gezogen sein: Nachdem der Fall am Mittwoch bekannt wurde, nahmen viele Unternehmen die Produkte aus den Regalen. Großhändler haben reagiert und ihre Kunden informiert. Auch die Namen der Fremdmarken mit Wilke-Fleisch sind seit Montag bekannt. Die Verbraucherorganisation foodwatch hält es aber für wahrscheinlich, dass noch Wilke-Produkte in Umlauf sind. 

foodwatch spricht von «schweren Versäumnissen» beim Krisenmanagement.

Gibt es dafür Belege?

Die Ereignisse sprechen für foodwatch. So hielten es die Behörden zunächst nicht für nötig, Listen mit Wilke-Produkten zu veröffentlichen. Die Fleischwaren seien nur unter dem Firmennamen verkauft worden, hatte der Landkreis Waldeck-Frankenberg erklärt.

Doch wie später bekannt wurde, gab es auch Handelsmarken mit Wilke-Fleisch. Vollständige Listen der belieferten Unternehmen fehlen weiter: Laut dem Land Hessen legte Wilke eine Listen der direkten Kunden vor, die Großhändler umfasst. Wie die Ware nach mehreren Vertriebsstufen im Einzelhandel landete, sei unbekannt. Der Fall zeige, dass die durch europäisches Recht vorgeschriebene Rückverfolgbarkeit von Waren nicht funktioniere, sagte foodwatch-Sprecher Andreas Winkler.

Woran erkennen Verbraucher betroffene Produkte?

Laut Unternehmen befindet sich auf den Verpackungen das ovale Identitätskennzeichen «DE EV 203 EG». Betroffene Produkte können im Einzelhandel zurückgegeben werden. An der Wursttheke oder in Kantinenessen sind Wilke-Produkt nicht zu erkennen, hier müssen sich Verbraucher auf den Betreiber verlassen. Das Land Hessen empfiehlt Kunden, bei Zweifeln gezielt nachzufragen.

Was passiert, wenn man Wilke-Wurst isst?

In Wilke-Wurst wurden Listerien (Listeria monocytogenes) nachgewiesen. Das sind in der Natur vorkommende Bakterien. Nur wenige Menschen erkranken an der sogenannten Listeriose. Bei gesunden Erwachsenen verläuft die Infektionskrankheit meist unauffällig oder nimmt einen harmlosen Verlauf mit grippeähnlichen Symptomen.

Gefährlich ist die Infektion für abwehrgeschwächte Menschen und Schwangere. Die Zahl der Erkrankungen schwankt pro Jahr zwischen 300 und 600 Fällen in Deutschland. Im Durchschnitt enden sieben Prozent tödlich. Die Listeriose gehört zu den meldepflichtigen Erkrankungen mit der höchsten Sterberate. Allerdings enthält nicht jedes Wilke-Produkt zwangsläufig Keime.

Gab es eklatante Hygienemängel bei Wilke?

Medienberichte über langjährige eklatante Hygienemängel haben die Behörden bisher nicht kommentiert. Sicher ist, dass Wilke seit Monaten wegen Listerienfunden auffällig war - und deshalb Besuch von Aufsichtsbehörden bekam. Das Unternehmen sei «seiner Verantwortung als Lebensmittelunternehmen nicht vollumfänglich nachgekommen», erklärte das hessische Umweltministerium. 

Wie sind die Behörden auf Wilke aufmerksam geworden?

Dem Robert Koch-Institut waren bundesweit Patienten aufgefallen, die an Listeriose erkrankt waren und deren Erkrankung vermutlich auf eine gemeinsame Infektionsursache zurückzuführen ist. Das Institut hatte seine Informationen daraufhin den Lebensmittelbehörden für Ermittlungen zur Verfügung gestellt. Nach Angaben des Landkreises Waldeck-Frankenberg hatte es in Südhessen zwei Todesfälle bei älteren Personen gegeben. Man sei zu dem Schluss gekommen, «ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Todesfällen und dem Verzehr von Wurstprodukten besteht», sagte ein Sprecher des Kreises Waldeck-Frankenberg.

Ist das der größte Listerien-Fall bisher?

Nein, in den Niederlanden gibt es einen ähnlichen Fall. Dort hat der niederländische Wurstwarenbetrieb Offerman die Produktion der betroffenen Fabrik aus dem Handel genommen. Die Gesundheitsbehörden hatten festgestellt, dass in den vergangenen zwei Jahren drei Menschen durch Listerien in Wurstwaren dieser Firma gestorben waren.

Eine Frau hatte eine Fehlgeburt erlitten. Auch in Spanien gab es in diesem Sommer einen Listeriose-Ausbruch. Mindestens vier Tote und 216 Infizierte sollen nach Behördenangaben gezählt worden sein und sieben Schwangere ihre ungeborenen Babys verloren haben. In Dänemark hatten sich Ende 2013, Anfang 2014 zudem 20 Menschen mit Listerien infiziert, zwölf starben an den Folgen.

 

Weitere News aus dem Ressort Wirtschaft & Finanzen

Meistgelesene News

Weitere News von unseren anderen Portalen

KI verändert die Lebensmittel & Getränkebranche