Stunde der Wahrheit für Nutri-Score

01.10.2019 - Deutschland

Nach langem Streit soll endlich Klarheit her: Wie können Supermarktkunden leichter erkennen, ob viel Zucker, Fett und Salz in Fertigprodukten stecken? Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) stellt an diesem Montag in Berlin das Ergebnis einer offiziellen Verbraucherbefragung vor. Im Rennen sind vier Modelle.

Quelle BMEL/Janine Schmitz/photothek.net

Als erweitertes Nährwertkennzeichen für Deutschland will ich den Nutri-Score einführen" - Bundesministerin Klöckner bei der Präsentation der Ergebnisse

Doch die Stunde der Wahrheit schlägt vor allem für das farbige Logo Nutri-Score, das Verbraucherschützer, Ärzte und der Koalitionspartner SPD schon offen favorisieren. Doch was, wenn die Ergebnisse der Studie in regierungsamtlichem Auftrag nicht eindeutig ausfallen?

Die Spannung ist hoch. Und Befürworter des Nutri-Score legen zur Sicherheit nochmal nach. "Anreize für ausgewogenere Lebensmittel schaffen und ein gesünderes Einkaufsverhalten ermöglichen - wenn das die Ziele sind, ist die Nutri-Score-Ampel die Kennzeichnung der Wahl", sagt Luise Molling von der Verbraucherorganisation Foodwatch.

Diese Effekte hätten zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt, was Klöckner nicht einfach beiseite wischen dürfe. "Eine Meinungsumfrage kann dies überhaupt nicht ermitteln und sollte daher nicht die einzige Basis einer weitreichenden politischen Entscheidung sein."

Seit Mitte Juli hatten Meinungsforscher in Gruppengesprächen und dann in einer Umfrage mit 1600 Teilnehmern getestet, wie die vier Modelle bei Verbrauchern ankommen. Klöckner hat klar gemacht, dass das Ergebnis für sie "maßgeblich" ist. Es soll damit die Basis sein, welches Modell die Bundesregierung zur freiwilligen Nutzung auf der Vorderseite der Packungen empfiehlt - als Ergänzung für die EU-weit verpflichtende Nährwerttabelle, die meist auf der Rückseite und ziemlich kleingedruckt Angaben zu Zucker, Fett und Salz auflistet.

Ziel ist eine bessere Erkennbarkeit auf einen Blick, um die "gesunde Wahl" zu erleichtern, wie es Klöckner formuliert. Dabei fällt die Entscheidung unter diesen vier Modellen:

Nutri-Score: Das in Frankreich eingeführte System bezieht neben dem Gehalt an Zucker, Fett und Salz empfehlenswerte Bestandteile wie Proteine in eine Bewertung ein und gibt dann einen einzigen Wert an - in einer fünfstufigen Skala von "A" auf dunkelgrünem Feld für die günstigste Bilanz über ein gelbes "C" bis zu einem roten "E" für die ungünstigste. Das zutreffende Feld wird hervorgehoben. Erste Produkte damit sind schon in deutschen Supermärkten zu kaufen.

Wirtschafts-Modell: Nur im Computer existiert ein Modell, das der Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft vorgelegt hat. Es hat fünf Kreise, in denen die Kalorien sowie der Gehalt an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz pro 100 Gramm stehen. Eine hervorgehobene Fläche in jedem Kreis zeigt an, wie viel Prozent der täglichen Zufuhr der Verzehr von 100 Gramm bedeutet - je mehr, desto größer färbt sich die Fläche in lila oder hellblau.

Forscher-Modell: Auf Bitte des Ministeriums hat auch das bundeseigene Max-Rubner-Institut (MRI) ein System entwickelt. Es zeigt Salz, Zucker und Fett je 100 Gramm in separaten Waben an, die bei niedrigem Gehalt jeweils blaugrün gefärbt sind. Daneben zeigt eine große Wabe eine Gesamtbewertung. Je günstiger sie ausfällt, desto mehr von fünf Flächen haben einen schwarzen Stern und sind blaugrün ausgefüllt.

Keyhole: In Skandinavien genutzt wird ein Logo, das die schwedische Lebensmittelbehörde vor 30 Jahren entwickelt hat. Es zeigt ein weißes Schlüsselloch auf grünem oder schwarzem Grund und ist eine reine Positivkennzeichnung - ausgewiesen werden also nur Produkte mit günstiger Nährwertbewertung. Desserts oder Süßigkeiten kommen daher gar nicht in Frage, wie das MRI in einer Untersuchung erläuterte.

Welches Logo das Rennen im amtlichen Verbraucher-Votum macht, ist offen. Vor allem um Nutri-Score lieferten sich Unterstützer und Gegner - munitioniert mit eigenen Umfragen - zuletzt einen scharfen Wahlkampf. Klöckner hat mehrfach betont: "Wir haben keine Präferenz."/sam/DP/jha

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