Gift im Geflügel

Wie PCB ins Futtermittel kam

19.11.2018 - Deutschland

Fipronil im Ei, Keime im Mett - und jetzt reihenweise gesperrte Mastbetriebe in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und weiteren Bundesländern nach dem Fund von giftigem PCB im Geflügelfleisch. Was steckt dahinter und welche Folgen hat das? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

imagesbykim/ Pixabay

Was ist passiert?

Bereits im Oktober machten Veterinäre bei Routine-Kontrollen in einem Mastbetrieb im Kreis Paderborn (Nordrhein-Westfalen) einen auffälligen Fund: Bei einer Geflügelfleisch-Probe stellten sie zu hohe Werte eines giftigen PCB-Gemischs im Fettgewebe des Tiers fest. Als sich nach Recherchen der Behörden herausstellte, dass die Quelle für die Belastung mehrere Hundert Tonnen Futtermittel des Herstellers Agravis sind, war klar, dass auch andere Höfe betroffen sein müssen. Das PCB soll nach aktuellem Stand von Lackabsplitterungen zweier Verladezellen des Unternehmens am Standort im ostwestfälischen Minden in das Futter gelangt sein. Polychlorierte Biphenyle, kurz PCB, sind giftige Substanzen, die nur sehr schwer abbaubar sind.

Welches Ausmaß hat das Problem?

Dutzende Höfe vor allem in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen wurden vorsorglich gesperrt. Allein in Niedersachsen sprach das Agrarministerium von mehr als 27 betroffenen Betrieben. In Nordrhein-Westfalen seien sogar noch mehr Geflügelbetriebe gesperrt worden, teilte das zuständige Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) mit. Eine genaue Zahl wurde zunächst nicht mitgeteilt. Per detektivischer Kleinarbeit verfolge man die Lieferwege des Futters und sei damit beschäftigt, bei betroffenen Höfen Proben zu analysieren. Laut dem niedersächsischen Agrarministerium sind auch einzelne Höfe in Ostdeutschland betroffen.

Welche Konsequenzen werden gezogen?

Durch verstärkte amtliche Kontrollen soll verhindert werden, dass Geflügelprodukte - Fleisch und Eier - in den Handel gelangen. Betroffenes Geflügel soll aus dem Verkehr gezogen werden. Dabei könnte es um große Mengen gehen: Allein in einem Betrieb im niedersächsischen Nienburg wurden beispielsweise bei 4000 Puten überschrittene Höchstwerte festgestellt. Der große Futtermittelhersteller Agravis bedauerte den Vorfall und tauschte bereits gelieferte Ware gegen unbedenkliches Futter aus. Belastetes Futter wurde zerstört.

Gibt es eine Gefahr für Verbraucher?

Die Behörden versichern, dass es keine akute gesundheitliche Gefahr gab oder gibt. Die gefundenen Konzentrationen des Stoffs seien so gering, dass sie keinen Schaden anrichteten. Eine Veterinärin sprach zum Vergleich von "einem Stück Würfelzucker im Bodensee".

Warum wird das belastete Fleisch dann überhaupt aus dem Verkehr gezogen?

Aus Vorsorge gelten gesetzlich geregelte Höchstmengen, wie die Behörden betonen. "Wer belastete Produkte isst, der wird davon nicht krank", sagte eine Lanuv-Sprecherin. Das Stoffgemisch sei aber im Körper und in der Natur sehr schwer abbaubar. "Deswegen wollen wir auf keinen Fall, dass die Stoffe in den Nahrungskreislauf gelangen."

Immer wieder verunsichern Lebensmittelskandale die Verbraucher. Welche Probleme gab es zuletzt?

Schlagzeilen gab es etwa in ganz Europa um den Pferdefleisch-Skandal. Das Gift Dioxin hatte in anderen Fällen zudem seinen Weg über gepanschtes Futtermittel in Eier gefunden. Riesige Ausmaße erreichte 2017 auch der Fipronil-Skandal. Damals war das Insektizid Fipronil über ein Reinigungsmittel in die Nahrungskette gelangt. Millionen belastete Eier waren in mindestens 45 Ländern aufgetaucht und aus dem Verkehr gezogen waren, auch in 26 der 28 EU-Staaten. Regelmäßige Gesundheitsgefahren gehen von Keimen auf ungekochtem Fleisch oder Muscheln aus: So sind Lebensmittelinfektionen mit mehr als 100 000 gemeldeten Fällen im Jahr keine Seltenheit, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erst Anfang des Monats bilanzierte./fld/DP/tos (dpa)

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