Joint Venture im Bereich Food Fraud und Herkunftsnachweis

ifp Institut für Produktqualität und Agroisolab kooperieren, um die Authentizität von Lebensmitteln und die Transparenz entlang der Lieferketten zu stärken

06.11.2018 - Deutschland

Eine erste Ahnung davon, was die Zukunft für seine Zunft bereithält, bekam Dr. Wolfgang Weber vor fünf Jahren. Kurz zuvor hatte sein Labor mit einer Analyse im Auftrag eines Fernsehsenders den zuerst in England aufgedeckten Pferdefleischskandal nach Deutschland geholt. In einer Dönerprobe wurde Pferde-DNA entdeckt. Die Folge: Das von Dr. Weber geführte ifp Institut für Produktqualität konnte sich vor Anfragen rund um die Authentizität von Fleischproben kaum retten. „Monatelang stand das Telefon praktisch nicht mehr still“, erinnert sich der Lebensmittelchemiker. Der Kreis seiner Auftraggeber wuchs dabei im gleichen Maße wie der sich über ganz Europa ausweitende Lebensmittelskandal. „Am Ende hat uns sogar Bulgarien zu seinem nationalen Referenzlabor für Pferdefleischuntersuchungen ernannt. Die landeseigenen Labore waren auf den Ansturm einfach nicht vorbereitet.“

ifp Institut für Produktqualität GmbH

Dr. Markus Boner (links), Geschäftsführer der Agroisolab GmbH, weiß, wie sensibel die Themen Herkunft und Food Fraud sind: „Hier laufen viele Fäden zusammen: Qualität, Umwelt, Nachhaltigkeit, Glaubwürdigkeit. Das alles sind Signalwörter in der öffentlichen Wahrnehmung, heute mehr denn je.“ Auch Dr. Wolfgang Weber (rechts), Geschäftsführer der ifp Institut für Produktqualität GmbH hat diese Erfahrung gemacht. „Unsere Kunden, die Qualitätsverantwortlichen in den Lebensmittelunternehmen, stehen unter immer stärkerer Beobachtung durch den Handel und die Verbraucher. Die Hersteller können und wollen sich dieser Verantwortung nicht entziehen, sondern nehmen die neuen Herausforderungen, die sich aus den globalen Warenströmen ergeben, sehr ernst. Hierfür sind sie aber auch auf spezialisierte Analytikpartner angewiesen, die sie mit moderner Technologie unterstützen.“

ifp Institut für Produktqualität GmbH

Durch die Kooperation wollen die beiden Wissenschaftler (von links: Weber, Boner) die Voraussetzungen schaffen, um das Thema Food Fraud in seiner ganzen Bandbreite deutschland- und europaweit abzudecken.

ifp Institut für Produktqualität GmbH
ifp Institut für Produktqualität GmbH

Der Beginn einer neuen Ära

Staatliche und private Labore wie das von Dr. Weber konnten sich auch vor 2013 nicht über eine schlechte Auftragslage beklagen. Die gesetzlichen Qualitätsanforderungen an Lebensmittel innerhalb Deutschlands und der EU allgemein gehörten zu den strengsten weltweit. Hersteller waren also gut beraten, ihre Produkte auf Herz und Nieren testen zu lassen, bevor diese hierzulande in den Handel gelangten. Der Fokus lag jedoch auf chemischen und mikrobiologischen Analysen. Krankheitserreger, Schwermetalle oder Giftstoffe gehörten zu den Hauptsorgen von Gesetzgeber und Öffentlichkeit. Mit dem Pferdefleischskandal kam jedoch ein neues Schwergewicht auf die analytische Tagesordnung: „Food Fraud“ – wortwörtlich „Lebensmittelbetrug“ oder „Lebensmittelverfälschung“. Dabei geht es ganz allgemein um die Authentizität von Produkten und die Frage: Stimmt, was drauf steht? Ist drin, was drauf steht? Besteht der Burger wirklich zu 100 % aus Rindfleisch? Wurde das Knoblauchpulver mit Erdnussschalenmehl gestreckt? Kommt das Hüftsteak tatsächlich aus Argentinien oder ist die Kuh in Spanien aufgewachsen?

Der physikalische Fingerabdruck lügt nicht

Hier kommt Dr. Markus Boner ins Spiel. Der Geschäftsführer der Agroisolab GmbH ist einer der weltweit führenden Experten für die Herkunftsbestimmung von Lebensmitteln und sonstigen biologischen Proben. Auch ihn beschäftigte der Pferdefleischskandal. Während Webers ifp Institut für Produktqualität aufdeckte, dass illegal Pferdefleisch verarbeitet wurde, zog man Dr. Boner hinzu, um zu klären, aus welchem Land dieses kam. Sein Labor hat sich auf ein Thema mit sperrigem Namen spezialisiert: Stabil-Isotopen-Analytik mittels Isotopenmassenspektroskopie. Was staubtrocken klingt, liefert in der Praxis spannende detektivische Einblicke in die wahre Herkunft unserer Lebensmittel. Möglich wird dies durch den „physikalischen Fingerabdruck“, der jedes biologische Material kennzeichnet. Wissenschaftlich gesehen handelt es sich bei diesem Fingerabdruck um das Isotopenverhältnis von Elementen wie Sauerstoff, Wasserstoff oder Stickstoff. Isotope sind unterschiedliche Varianten dieser ubiquitär vorkommenden Elemente, die sich lediglich in der Anzahl der Neutronen im Atomkern und damit in ihrer Masse unterscheiden. Diese Isotope stehen in jeder Region der Welt in einem bestimmten Verhältnis zueinander – und genau dieses Verhältnis misst Dr. Boner in seinem Labor.

Bereits zu Zeiten der BSE-Krise um die Jahrtausendwende hatte er sich, zunächst noch am Forschungszentrum Jülich, intensiv mit dem Herkunftsnachweis von Rindfleisch beschäftigt. Heute verfügt er über die weltweit größten Herkunftsdatenbanken für Rind- und Schweinefleisch. Doch nicht nur das: Sein Labor geht der wahren Herkunft von illegalen Tropenholz- und Elfenbeinlieferungen ebenso auf den Grund wie der Frage, ob der  im Handel angebotene Kaviar aus einer deutschen Störzuchtanlage stammt oder von einem Wildfang des vom Aussterben bedrohten Fisches aus dem Kaspischen Meer. Dr. Boner weiß, wie sensibel die Themen Herkunft und Food Fraud sind: „Hier laufen viele Fäden zusammen: Qualität, Umwelt, Nachhaltigkeit, Glaubwürdigkeit. Das alles sind Signalwörter in der öffentlichen Wahrnehmung, heute mehr denn je.“

Mehr Sicherheit durch engere Kooperation

Auch Dr. Wolfgang Weber hat diese Erfahrung gemacht. „Unsere Kunden, die Qualitätsverantwortlichen in den Lebensmittelunternehmen, stehen unter immer stärkerer Beobachtung durch den Handel und die Verbraucher. Die Hersteller können und wollen sich dieser Verantwortung nicht entziehen, sondern nehmen die neuen Herausforderungen, die sich aus den globalen Warenströmen ergeben, sehr ernst. Hierfür sind sie aber auch auf spezialisierte Analytikpartner angewiesen, die sie mit moderner Technologie unterstützen.“

Aus diesem Grund hat sich Dr. Weber mit seinem in Berlin ansässigen ifp Institut für Produktqualität jüngst mit der Jülicher Agroisolab GmbH gesellschaftsrechtlich verbunden. Gemeinsam wollen die beiden Wissenschaftler so die Voraussetzungen schaffen, um das Thema Food Fraud in seiner ganzen Bandbreite deutschland- und europaweit abzudecken und dafür zu sorgen, dass die Lieferketten transparent und die im Handel angebotenen Endprodukte authentisch bleiben. Aktuell arbeiten die beiden Unternehmen daran, ein Siegel herauszugeben, welches für den Verbraucher klar ersichtlich macht, dass ein Produkt in Bezug auf seine Herkunft und Authentizität geprüft und für „echt“ befunden wurde. Dr. Boner und Dr. Weber sind überzeugt davon, dass zukünftig noch viel mehr Arbeit auf sie zukommt. „Wir werden noch vor viele bisher ungeahnte Herausforderungen gestellt werden. Aber am Ende gewinnt immer die Analytik.“

 

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