Einen Heuschrecken-Burger, bitte!

25.06.2018 - Deutschland

Wie viel bio steckt im Brot? Wie viel Heuschrecke im Burger? Die AGF informiert über den rechtlichen und unternehmensinternen Schutz von Lebensmitteln – und ein ganz exotisches Trendessen. 

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(Haupt-)Geschäftsführer unter sich: Christof Crone (Backzutatenverband), Alexander Meyer-Kretschmer (Verband Deutscher Großbäckereien) und Daniel Schneider (Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks) tauschen sich über die Ergebnisse des diesjährigen Lebensmittelrechtstags für Erzeugnisse aus Getreide aus.

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Peter Vögler (Eurofins), Dr. Norbert Haase (MRI), Christa Lutum, Bäckermeisterin, und Hartmut Grahn (VDB) fachsimpeln während der Biotagung.

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Heuschrecken, Biowasser und Brüssel haben auf den ersten Blick wenig gemeinsam? Nicht für die Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung (AGF) im lippischen Detmold. Dort haben sich Mitte Juni 2018 rund 200 Forscher, Entwickler und Manager getroffen, um auf zwei Tagungen über Lebensmittelrecht, Kontrolle der gesamten Bio-Lieferkette – vom Korn zum Brot – und neue EU-Verordnungen zu sprechen. Auch kritisch diskutiert: Können Insekten ein Grundnahrungsmittel der Zukunft sein? Mit vielfältigen Themen wie diesen haben AGF und das Max Rubner-Institut einmal mehr über ihren Tellerrand der Getreideforschung bis in die internationale Lebensmittelindustrie geblickt.

Aufgepumpte Garnelen, gestrecktes Mehl, umdeklarierte Lebensmittel, „bio“ steht drauf, ist aber nicht drin – die Liste der Manipulationen von Lebensmitteln ist schier unendlich; das Einfallstor für Kriminelle groß. Zwar ist die Rechtslage eindeutig, aber schwierig wird es, den Betrug im internationalen Handel überhaupt nachzuweisen. Sind doch die Wege des Rohstoffes vom landwirtschaftlichen Anbau etwa von Weizen über die Verarbeitung, Verpackung, den Export bis hin zum Großhandel und schließlich zum Verbraucher gewunden und lang. An welcher Stelle der Kette kam es zu einer unbewussten Ungenauigkeit und wo zu einer vorsätzlichen Fälschung? Das aufzuspüren ist zeit- und kostenaufwendig; der ökonomische Schaden für Unternehmen mitunter aber beträchtlich. Eine Lösung: Es lohne sich, die Lieferanten und deren Subunternehmen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und im Zweifel, falls es an vertrauenswürdigen Partnern mangele, zusätzlich zum üblichen Qualitätsmanagement Proben direkt von den Feldern einzusammeln, erklärte Jörg Lickfett, Manager beim Lebensmittelanalyseunternehmens Eurofins Deutschland, einer Laborgruppe mit Sitz in Luxemburg, auf der zweiten Bio-Tagung der Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung e.V. (AGF) in Detmold. Eurofins bietet entsprechende Leistungen an. „Woher genau kommen die Rohstoffe für Ihre Produkte? Schauen Sie genau hin und denken Sie auch mal wie ein Krimineller!“ lautet Lickfetts Appell. Im Falle einer Auseinandersetzung seien dieses Wissen und rechtssichere Belege viel wert.

Nicht auf andere verlassen, sondern selbst kontrollieren

Nicht so genau nehmen es auch manche Hersteller von Biolebensmitteln. Der Markt dafür wächst rasant in Europa, Nordamerika und auch in Asien. Insbesondere außerhalb der EU seien aber etwa der „Kenntnisstand der Produzenten zum Ökolandbau nur gering“, weiß Dr. Jochen Neuendorff, Leiter der Zertifizierungsstelle GfRS Gesellschaft für Ressourcenschutz mbH aus Göttingen. Konventionelle Höfe würden dort oft zu schnell auf Bioproduktion umgestellt. Zwar seien Bioprodukte innerhalb der EU und teilweise darüber hinaus durch ein umfassendes und weltweit etabliertes Kontrollverfahren geschützt, um Betrug zu verhindern. Doch auch Neuendorff betont in seinem Vortrag bei der AGF, dass schwierige Rahmenbedingungen hohe Anforderungen an die Ökokontrollstellen außerhalb der EU stellen. Ein wirksames internes Qualitätsmanagement sei daher auch für Bio-Produkte das A und O – und zwar von der Lieferantenauswahl bis zum abgesicherten Beschaffungsprozess.

Insekten – Trendessen oder Lebensmittel der Zukunft?

Neben dem in Deutschland noch eher unüblichen Biowasser bot ein natürliches Lebensmittel der ganz anderen Art Diskussionsstoff an der vorangegangenen Tagung, dem 25. Lebensmittelrechtstag für Erzeugnisse aus Getreide, der am 18. und 19. Juni 2018 bei der AGF stattfand: Es ging um Insekten als Nahrungsquelle – und das vor allem in der EU. Hier gibt es tatsächlich Insekten-Burger, Insektenmehl und -brot und sogar Kochkurse zum Thema Kerbtiere. In Österreich gibt es die Nährstofflieferanten nicht nur auf dem Teller, sondern auch auf dem Papier: als Leitlinie für gezüchtete Insekten als Lebensmittel. Ob nur ein Trend oder doch eine nachhaltige Lösung, um die steigende Weltpopulation zu ernähren – Insekten wurden als neuartiges Lebensmittel, sogenanntes „Novel Food“, in die neu aufgelegte EU-Verordnung 2015/2283 aufgenommen, die ab dem 1. Januar 2018 gültig ist. Die vormalige Verordnung (EG) 258/97 zu Novel Food nannte Insekten nicht ausdrücklich.

Qualität der Lebensmittel erhöhen

Die Rechtslage und Details zum Zulassungsverfahren schilderte Rechtsanwalt Dr. Markus Grube. Neues aus Brüssel ergänzte die Juristin Dr. Vanessa Kluge und präsentierte anschaulich aktuelles Rechtswissen zur EU-Kontrollverordnung, der EU-Ökoverordnung, zur nachhaltigen Risikobewertung in der Lebensmittelkette und Durchführungsrechtsakte zum Thema Novel Food. Der studierte Chemiker und Wissenschaftler Dr. Hasan Taschan referierte ebenfalls über Insekten als exotische Nahrungsquelle. In den Niederlanden würden seit Jahren Insektenlebensmittel angeboten. In Finnland seien Brote mit Heuschreckenmehl auf dem Markt. Doch ob man mit Insekten die Welternährungsprobleme lösen könne, wie die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen andeute, bleibt für ihn fraglich. Fest steht: Mit Trendthemen wie diesen und weiteren Vorträgen über Zusatzstoffe und Aromen zog der AGF-Lebensmittelrechtstag mehr als 150 Teilnehmer aus der bundesweiten Lebensmittelbranche an. „Mit unseren Veranstaltungen wollen wir unseren Teil zu einem besseren Qualitätsmanagement in der Lebensmittelindustrie und so zu einem nachhaltigen Schutz der Verbraucher beitragen – dazu zählen schließlich wir alle“, fasste Tobias Schuhmacher, Hauptgeschäftsführer der AGF, seine Ziele zusammen.

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