Dialog über digitale Landwirtschaft

20.06.2018 - Schweiz

Bundesrat Johann Schneider-Ammann, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung, besuchte am Freitag die ETH Zürich. An einer Veranstaltung zum Thema Smart Farming erläuterte er seine Sicht auf die Digitalisierung in der Schweizer Landwirtschaft.

Andreas Eggenberger/ETH Zurich

Die Chancen nutzen: Bundesrat Johann Schneider-Ammann sprach sich an einem Anlass zum Thema Smart Farming für das unternehmerische Potenzial der Digitalisierung aus.

Die Idee für diesen Anlass sei im Gespräch mit Lino Guzzella anfangs Jahr entstanden, erinnert sich Bundesrat Johann Schneider-Ammann. «Wir sprachen darüber, wie wir das Konzept des Smart Farming unserer Landwirtschaft näherbringen können.» Smart Farming verspricht ein datenbasiertes und automatisiertes Agrarsystem: Sensoren überwachen Felder, Roboter jäten Unkraut – gut möglich werden die Äcker in der Landwirtschaft bald neu bestellt.

Dies ist keineswegs Zukunftsmusik, denn daran wird zurzeit intensiv geforscht. Doch viele Fragen sind noch offen – ein Dialog ist unabdingbar. Darum lud die ETH Zürich nun Akteure und Akteurinnen des Agrarsektors zu einem Austausch ein und fragte: «Smart Farming – was heisst das für die Schweiz?»

Schlüssel für Effizienz und Nachhaltigkeit

Die ETH Zürich biete sich an, diese Diskussion mit Fachleuten aus ihrer jeweiligen Sicht zu führen, betonte ETH-Präsident Lino Guzzella in seiner Begrüssungsrede: «Denn unsere Hochschule hat eine lange Tradition in den Agrar- und Ingenieurwissenschaften». Kombiniert mit neusten Methoden der Daten- und Naturwissenschaften eröffne sich nun eine Chance, für die Schweizer Landwirtschaft neue ökologische und ökonomische Erfolgsmodelle zu erarbeiten.

Dem pflichtete Johann Schneider-Ammann bei. Der Bundesrat zeigte sich überzeugt, dass die neuen Technologien die Landwirtschaft nachhaltiger machen werden. Die Digitalisierung spiele sich aber nicht nur in den Maschinen ab, räumte er in Anspielung auf die «faszinierenden» Roboterbilder in unseren Köpfen ein. Mit der Brille des Unternehmers hob er insbesondere die Wichtigkeit von Webplattformen und dem Datenaustausch hervor.

Dank der Vernetzung von Betrieben mit ihren Lieferanten und Kunden entstünden Handlungsspielräume und neue Nischen für Produkte. Länder, welche die digitale Chance nutzten, generierten mehr Arbeitsplätze, als sie verlören, sagte Schneider-Ammann und versicherte, dass der Bund die Digitalisierung der Landwirtschaft zügig vorantreiben wolle.

Technologie ja, aber nicht nur

Achim Walter, Professor für Kulturpflanzenwissenschaften, informierte über den neusten Stand der digitalen Agrarforschung. Er nannte zwei Beispiele: Eine Seilkamera-Anlage in Eschikon, mit der sich das Pflanzenwachstum überwachen und so Züchtungsprogramme verbessern lässt. Und eine Kooperation von Drohne und Bodenroboter, die gemeinsam Unkraut erkennen und beseitigen. «Smart Farming ist durch Technologie getrieben, keine Frage», hielt Walter fest, «aber es geht auch um landwirtschaftliche Vielfalt, um Institutionen, Märkte und Netzwerke.» Und das erfordere eine ganzheitliche Sicht.

So erforscht Walter zusammen mit anderen Professuren neben ausgeklügelten Systemen stets auch Aspekte wie die Praxistauglichkeit, die Wirtschaftlichkeit und den ökologischen Mehrwert einer Innovation. Er verdeutlichte dies am Projekt «InnoFarm», das mit Drohnen und Sensoren den Düngereinsatz reduzieren will. Dazu quantifizieren die Forschenden nicht nur die Umweltwirkung, sondern analysieren auch Kosten und Nutzen sowie den optimalen Betrieb.

Fortschritte in Robotik und autonomen Systemen müssten auf die Bedürfnisse der Anwender und Anwenderinnen ausgerichtet sein, sagte Walter. Deshalb stehe Smart Farming auch für den Dialog zwischen Landwirtschaft, Politik, Forschung und anderen Anspruchsgruppen.

Administration, Datenschutz und Kooperation

Das Ziel, mit smarten Technologien effizient und umweltschonend zu wirtschaften, begrüssten auch die Teilnehmenden an der Podiumsdiskussion. Doch noch kämpften die Bauern mit digitalen Baustellen, stellte Hanspeter Hunkeler, Landwirt und Mitglied der Denkfabrik Vision Landwirtschaft, fest. Plattformen für den Datenaustausch seinen zwar eine gute Idee, aber juristische Fragen und der Datenschutz würden auch Sorgen bereiten. So forderte Francis Egger, Geschäftsleitungsmitglied beim Schweizer Bauernverband, dass die Landwirte die Hoheit über ihre Daten bewahren müssten. Auch Corinne Müller von der Landmaschinenfirma Müller Siblingen machte Risiken bei der betrieblichen Vernetzung über Datenplattformen aus.

Mit Blick in die Zukunft meinte Michael Buser, Informatikchef bei der Agrargenossenschaft Fenaco, dass der Konkurrenzdruck für die Bauern und Bäuerinnen zunehme. Darum müsse man nun mit der Forschung und untereinander vermehrt kooperieren. Müller hob diesbezüglich Sharing-Modelle bei der Gerätenutzung hervor.

Eines brachte die Runde deutlich zutage: Landwirtinnen und Landwirte leiden unter der Last der betrieblichen Verwaltung. Die grössten Chancen verorteten die Teilnehmenden auf dem Podium denn auch unisono in einer vereinfachten Administration. «Ich erhoffe mir, dass die Digitalisierung die Arbeit für uns Bauern erleichtert», schloss Hunkeler.

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