Potenzial der Ackerbohne als Lebensmittel

17.04.2018 - Deutschland

Ackerbohnen landen heute meist im Futtertrog. Dabei können sie auch für die menschliche Ernährung eine wertvolle Eiweißquelle sein. Lebensmitteltechnologen des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung in Freising arbeiten derzeit daran, das hochwertige pflanzliche Protein für die Lebensmittelherstellung nutzbar zu machen.

Heimische Hülsenfrüchte haben in Deutschland den Sprung aus der Nische geschafft. Dazu trägt unter anderem ein wachsendes Lebensmittelangebot auf Basis von Erbsen, Linsen oder Lupinensamen bei. Bei der Herstellung von Brotaufstrichen, Fleischersatzprodukten oder Nudeln setzen die Lebensmittelhersteller meist auf das ganze Korn. Aber auch die aus Hülsenfrüchten gewonnenen Proteine sind in der Lebensmittelindustrie  zunehmend gefragt.

Aus dem Samen isoliert, ist das Eiweiß  vielseitig einsetzbar. Denn es schmeckt nahezu neutral, ist gut löslich, kann sehr gut als Emulgator fungieren und vermag Wasser oder Öl zu binden. Beispielsweise können Lupinenproteine tierische Proteine wie Casein, Molke oder Ei in Eis, Mayonnaise oder veganen Milchersatzprodukten problemlos ersetzen.

Ackerbohnensamen als hochwertige Lebensmittelzutat

Im Gegensatz zu Erbsen, Linsen und Lupinen spielen Ackerbohnen – auch dicke Bohne oder Saubohne genannt – in der Lebensmittelverarbeitung  bisher kaum eine Rolle. Dabei sind sie ebenfalls eine wertvolle Eiweißquelle. Nach Einschätzung von Forschern des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV haben sie ein großes Potenzial zur Herstellung hochwertiger Lebensmittelzutaten. Im Rahmen des Forschungsvorhabens QualiFabaBean arbeiten sie daran, die Ackerbohnensamen so aufzubereiten, dass sich daraus hochwertige Mehle und Proteinkonzentrate erzeugen lassen – ohne unangenehmen Eigengeschmack und ohne unerwünschte Inhaltsstoffe. Bei der Ackerbohne sind dies vor allem die beiden sekundären Pflanzenstoffe Vicin und Convicin. Bei Menschen mit einem genetischen Enzymdefekt können sie zu Favismus führen. Hinzukommen Phytinsäure, Tannine sowie Oligosaccharide, die blähend wirken können. Unerwünscht ist auch das für fast alle Leguminosen typische grasige und bohnige Aromaprofil.

Ziel muss es daher sein, all diese wertmindernden Stoffe zu entfernen und die ebenfalls vorhandenen enzymhemmenden Stoffe bzw. Enzyme, die an der Entstehung der grasig, bohnigen Fehlaromen beteiligt sind, zu inaktivieren. Dazu soll das QualiFabaBean Projekt entscheidend beitragen: In einem ersten Schritt schälten die Lebensmitteltechnologen die Ackerbohnensamen und vermahlten die so gewonnen Schalen und Kerne, um die Verteilung der Inhaltsstoffe und der antinutritiven Bestandteile in Kern und Schale zu analysieren. Aktuell werden verschiedenste Ackerbohnensorten und -genotypen hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und ihres Anteils an antinutritiven Inhaltsstoffen charakterisiert und die vielversprechendsten Sorten für die Gewinnung von Ackerbohnenmehlen und -konzentraten verwendet.

Hierbei zeigten sich bereits bei drei  Genotypen (Vicia 1708, Vicia 1718 und Tiffany) deutliche Unterschiede in der Zusammensetzung und der Verarbeitbarkeit: Die Sorte Tiffany zeigte höhere Schalenanteile, verbunden mit einer geringeren Kerngröße, als die anderen beiden Genotypen. Unabhängig von der Sorte variierte die Trockensubsubstanz der Ackerbohnenfraktionen nur geringfügig zwischen 88 und 90 Prozent. Bei allen Sorten fiel der Aschegehalt in den Kernen deutlich höher aus als in den Schalen. Ursache für die erhöhten Mineralstoffgehalte in der Kernfraktion können die komplexbildenden Eigenschaften der Phytinsäure sein. Zudem waren auch die Proteingehalte in der Kernfraktion deutlich höher als in den Schalen und der Saat. Mit rund 30 Prozent hatte Tiffany den höchsten Proteingehalt im Kern. Am größten waren die Unterschiede hinsichtlich der Proteinlöslichkeit (45 bis 75 Prozent). Die Proteine in der Kernfraktion der Sorte Tiffany waren mit 75 Prozent am besten löslich.

Im Rahmen eines anderen aktuellen Forschungsvorhabens (Protein2Food) untersuchten die Forscher die Herstellung von Ackerbohnenkonzentraten mittels Windsichtung. Mithilfe dieses Verfahrens gelang es ihnen, die geschälten und feinst vermahlenen Samen in eine grobe stärkereiche Fraktion (Stärkegehalt: 79 Prozent, zu 90 Prozent Partikeldurchmesser von 120 μm) und eine feine proteinreiche Fraktion (Proteingehalt 67 Prozent, zu 90 Prozent Partikeldurchmesser von 90 μm) aufzuteilen. Dabei wurden erwartungsgemäß Vicin bzw. Convicin in der proteinreichen Fraktion angereichert, weshalb dieses Verfahren nur für Vicin/Convicin-arme Sorten geeignet ist.

Fazit: Auf Basis der ersten Ergebnisse gehen die Forscher davon aus, dass man aus Ackerbohnensamen hochwertige Lebensmittelzutaten herstellen kann. Dafür muss es jedoch zunächst gelingen, die unerwünschten Inhaltstoffe zu entfernen. Ein weiterer Schritt für die Forschung besteht darin, die neu entwickelten Ackerbohnenpräparate in Modelllebensmitteln zu testen, um schließlich vom Experiment zur Marktreife zu kommen.

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