Bayerische Behörde findet riskante Mineralöle in Adventskalendern – und tut nichts

11.12.2015 - Deutschland

Die Behörden in Bayern haben in der Schokolade mehrerer Adventskalender riskante Mineralölrückstände gefunden – jedoch keine Maßnahmen zum Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten ergriffen. Die Verbraucherorganisation foodwatch kritisierte am Donnerstag, dass  weder der Verkauf der belasteten Produkte gestoppt wurde noch eine öffentliche Warnung ergangen sei. Auf Anfrage von foodwatch wollten weder das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz noch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) Angaben zu den betroffenen Produkten und den nachgewiesenen Rückstandsmengen machen.

Mit ihrer Geheimhaltungspolitik tragen die Behörden nicht zu mehr Gesundheitsschutz bei, sondern sie verhindern ihn. Das Signal aus Bayern an die Hersteller lautet: Selbst wenn wir in einem Produkt riskante Substanzen finden, Konsequenzen hat das keine. Mit solchen Possen wird Gesundheitsschutz ad absurdum geführt“, kritisierte Luise Molling von foodwatch. Die Verbraucherorganisation startet heute unter www.adventskalender.foodwatch.de eine E-Mail-Aktion an die Bayerische Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf mit der Forderung, die Namen der belasteten Produkte unverzüglich publik zu machen, bevor auch die letzte Schokolade aus den Adventskalendern verzehrt ist.

Das LGL hatte eigenen Angaben zufolge im November elf Adventskalender analysiert und in fünf Schokoladen so genannte aromatische Mineralöle (MOAH) gefunden. Die Behörde selbst bezeichnet diese als „besonders bedenklich, da hier potentiell krebserregende Substanzen enthalten sein können“, und betont: „Der Übergang auf Lebensmittel ist daher vor allem bei dieser Fraktion unerwünscht.“ Die europäische Lebensmittelbehörde EFSA bezeichnet MOAH zudem als potenziell erbgutverändernd. Wegen dieser Risikobewertung gibt es für aromatische Mineralöle keine unbedenklichen Schwellenwerte – ein Risiko besteht, sobald die Substanzen in Lebensmitteln nachgewiesen wurden.

foodwatch warf dem LGL eine grobe Verharmlosung der Risiken vor. Mit Blick auf die angeblich „geringen Konzentrationen“ der nachgewiesenen Rückstände und die Belastung der Bürgerinnen und Bürger mit aromatischen Mineralölen aus anderen Quellen kommt die Behörde zu dem Schluss, dass der Verzehr von Adventskalenderschokolade „nach Auffassung des LGL jedoch keinen Anlass zur Besorgnis“ gebe. Eine solche Bewertung bezeichnete foodwatch mit Blick auf die wissenschaftlichen Risikobewertungen als haltlos.

Das LGL hatte über seine Untersuchung am 1. Dezember auf seiner Internetseite berichtet – ohne Messdaten und ohne die Namen der getesteten bzw. belasteten Produkte zu nennen. foodwatch verwies darauf, dass die Öffentlichkeit nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) ohnehin einen Anspruch auf Nennung der belasteten Produkte habe. Durch  die Rechtsprechung ist geklärt, dass behördlich erhobene Messdaten keine Betriebsgeheimnisse darstellen und damit im Falle eines Antrags nach dem VIG herausgegeben werden müssten. Allerdings dauert eine solche Behördenauskunft nach VIG formal mindestens zwei Monate. Weil die belasteten Adventskalender damit erst weit nach Ende der Adventszeit bekannt geworden wären, hat foodwatch auf einen solchen förmlichen Antrag bewusst verzichtet und Ministerium sowie LGL formlos angefragt.

In seiner Zeit als Bundesverbraucherminister hatte sich der heutige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer unter anderem bei der Einführung des VIG zu dem Prinzip bekannt: „Schwarze Schafe beim Namen nennen“. Die Praxis in dem von ihm regierten Bayern ist davon weit entfernt. 

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