Forscher der Uni Hohenheim kritisieren Ernährungsstudie PURE
Universität Hohenheim / Oskar Eyb
Die Ernährungsempfehlungen bezüglich Fett und Kohlenhydrate müssen umgeschrieben werden – fordern die Autoren der aktuellen globalen Ernährungsstudie PURE (Prospective Urban Rural Epidemiology). Denn – so die Studie: Zu viele Kohlenhydrate in der täglichen Kost steigerten die Sterblichkeit, und mehr Fett sei nicht nur unschädlich, sondern verringere sogar die Sterblichkeit und das Risiko für Schlaganfälle.
Doch diese Schlussfolgerungen seien nicht haltbar, betonen drei Experten der Universität Hohenheim. Ernährungsmediziner Prof. Dr. Hans Konrad Biesalski, Tropen-Expertin Prof. Dr. Regina Birner und Ernährungswissenschaftler Prof. Dr. Jan Frank, Präsident der Society of Nutrition and Food Science (SNFS), sehen die PURE-Studie kritisch, deren Autoren in 18 Ländern den Einfluss von Kohlenhydraten, Fett und Eiweiß in der Ernährung auf das Krankheits- und Sterblichkeitsrisiko untersucht haben.
Makronährstoffe sind lediglich Indikator für Qualität der Ernährung
Mit steigender Zufuhr von Kohlenhydraten nehme die Sterblichkeit zu; bei Fett beobachtet die PURE-Studie einen umgekehrten Zusammenhang: Mit steigendem Anteil der Nahrungsenergie aus Fett nehme die Sterblichkeit ab. „Doch auch wenn eine geringere Sterblichkeit zwar mit höherem Fettkonsum bzw. niedrigerem Konsum an Kohlenhydraten verbunden ist, lassen sich mit dieser Methode keine kausalen Zusammenhänge zwischen diesen Beobachtungen feststellen“, gibt Prof. Dr. Biesalski zu bedenken.
Entscheidend sei vielmehr die Versorgung mit Mikronährstoffen – und dafür sei der Anteil an Kohlenhydraten und gesättigten Fetten in der Ernährung lediglich ein Indikator. „Mit steigender Armut nimmt der Anteil an Kohlenhydraten deutlich zu und der von Lebensmitteln tierischen Ursprungs, vor allem von Fleisch und Fleischprodukten, ab. Denn stärkehaltige Produkte wie Reis, Mais, Weizen, Kartoffeln oder Cassava sind preisgünstig und sättigen“, erklärt Prof. Dr. Birner. Diese seien aber bezüglich der Versorgung mit essenziellen Mikronährstoffen eine schlechte Quelle, und die Versorgung zum Beispiel mit Eisen und Zink habe einen Einfluss auf die Sterblichkeit.
Prof. Dr. Jan Frank stellt klar: „Eine unzureichende Versorgung mit Mikronährstoffen, also Mineralstoffen und Vitaminen, erhöht das Krankheits- und so unweigerlich auch das Mortalitätsrisiko. Wenn die Qualität außen vor bleibt, führt die Betrachtung der Quantität von Makronährstoffen in der Ernährung leicht in die Irre. Eine fettreiche, kohlenhydratarme Ernährung kann qualitativ genauso ungenügend sein wie eine fettarme, kohlenhydratreiche Ernährung.“
Arme und reiche Nationen unterscheiden sich bei Kohlenhydraten
„Wenn es um Kohlenhydratverzehr in armen Ländern geht, dann sprechen wir vor allem von Reis, Mais und Weizen“, fasst Prof. Dr. Biesalski zusammen. „Je größer deren Anteil an der Ernährung ist, desto geringer ist die Nahrungsqualität und desto höher auch die Sterblichkeit.“
In reichen Nationen jedoch liege die Kohlenhydratzufuhr im Bereich von 45 bis 55 Prozent. „Hier bedeutet ein Zuviel an Kohlenhydraten vor allem ein Zuviel an Zucker und zuckerhaltigen Lebensmitteln. Diese zu reduzieren ist sicherlich kein Fehler und möglicherweise auch gesundheitsfördernd.“
Einen ausführlichen wissenschaftichen Kommentar zur PURE-Studie finden Sie rechts neben dem Artikel verlinkt.
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