Smoothie statt Schnaps - die Anti-Exzess-Generation

Die Jugend setzt auf Disziplin und Leistung - sagt zumindest ein Forscher. Das macht sich auch beim Alkoholkonsum bemerkbar.

19.05.2017 - Deutschland

Alkopops sind schon lange aus der Mode, und Komasaufen scheint mittlerweile verpönt: Nach neuen Erhebungen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) vergeht der Jugend die Lust auf Bier, Wein und Schnaps. Warum sich Jugendliche und junge Erwachsene in Zurückhaltung üben - eine Übersicht:

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Trinkt die Jugend heute tatsächlich weniger Alkohol als vorherige Generationen?

Die Erkenntnisse der BZgA-Studie legen das zumindest nahe: Im vergangenen Jahr gaben 10 Prozent der 12- bis 17-Jährigen an, mindestens einmal pro Woche Alkohol zu trinken. Im Jahr 2004 waren es mit 21,2 Prozent noch mehr als doppelt so viele. «Zudem trinken Jugendliche später als jemals zuvor den ersten Schluck Alkohol - aktuell mit 14,9 Jahren», erklärt BZgA-Leiterin Heidrun Thaiss.

Trinken Jugendliche auch weniger exzessiv?

Auch hier ist die Tendenz nach BZgA-Angaben eindeutig: Etwa jeder siebte Teenager (13,5 Prozent) gab in der Umfrage zu, sich im vorherigen Monat einmal in einen Rausch getrunken zu haben. 2004 sagte das noch fast ein Viertel (22,6 Prozent).

Wie lässt sich diese Entwicklung erklären?

«Dieser Trend kommt nicht aus dem Nichts, er ist auch das Ergebnis guter Aufklärungsarbeit», erklärt die Drogenbeauftragte des Bundes, Marlene Mortler (CDU). So sei etwa die Kampagne «Alkohol? Kenn dein Limit» erfolgreich, weil sie Gleichaltrige ohne erhobenen Zeigefinger Wissen über die Wirkung von Alkohol vermittele.

Ist Aufklärungsarbeit wirklich der einzige Grund?

«Vielleicht sind es tatsächlich Präventivmaßnahmen, die wirken», sagt Erziehungswissenschaftler John Litau. Aber auch gesellschaftliche Wahrnehmung könne eine Rolle spielen. «Der Trend zu weniger Alkohol unter Jugendlichen besteht seit Jahrzehnten.»

Gibt es nicht noch andere Erklärungsansätze?

Jugendliche griffen nicht mehr unbedingt mit der Absicht zur Flasche, einen komatösen Betrunkenheitszustand zu erreichen, sagt Litau.

Stattdessen gehe es ihnen um einen «kontrollierten Kontrollverlust».

Der Rausch sei zwar immer noch das Ziel, aber nur in einem Maße ohne größere negative Folgen - einen Krankenhausaufenthalt etwa. Auch Bedenken wegen sozialer Auswirkungen im Freundeskreis oder der Familie spielten eine Rolle. Es gehe den Jugendlichen darum, einen Umgang mit Alkohol zu erlernen, der gesellschaftlich akzeptiert wird.

Smoothie statt Schnaps - spielen gesellschaftliche Trends eine Rolle?

«Das Ausschweifende ist nicht mehr cool, es geht zunehmend um Leistung», sagt Jugendforscher Philipp Ikrath. Er sieht den Rückgang als Teil eines Mentalitätswandels: Die Slacker-Figur (auf Deutsch

etwa: Faulenzer), die sich antriebslos hängen lässt, habe ausgedient.

Disziplin, Leistungs- und Durchsetzungsfähigkeit rücke in den Fokus der Jugend. Sie verzichte auf körperschädigende Substanzen und setze auf Gesundheits- und Sporttrends. Die passenden Bilder dazu liefere etwa Instagram. «Man kann von einer Anti-Exzess-Generation sprechen», sagt Ikrath.

Dann greifen nicht nur die ganz Jungen seltener zur Flasche?

Auch die 18- bis 25-Jährigen trinken nach BZgA-Angaben weniger häufig

Alkohol: Knapp ein Drittel (30,7 Prozent) trinkt regelmäßig, 2004 war es fast die Hälfte (43,6 Prozent). Erhebungen belegen zudem auf lange Sicht einen Rückgang des Pro-Kopf-Konsums in Deutschland. Im Schnitt trank in den Jahren 2015 und 2014 jeder Bürger jeweils 9,6 Liter reinen Alkohol. Im Jahr 2000 waren es 10,5 Liter, wie die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) unter Berufung auf den Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure (BSI) schreibt. (dpa/Marie Frech)

 

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