BGH: Extrakt der Kudzuwurzel ist Novel-Food

09.09.2016 - Deutschland

Ein Nahrungsergänzungsmittel, das im Novel-Food-Katalog der Europäischen Kommission mit dem Status „FS“ („food supplements“) gekennzeichnet ist, kann dennoch als neuartiges Lebensmittel im Sinne der Novel-Food-Verordnung einzustufen sein. So entscheid nun der Bundesgerichtshof (BGH). Der Novel-Food-Katalog sei nicht abschließend und diene lediglich zur Orientierung, ob ein Produkt unter Novel-Food-Verordnung fällt.

Verband Sozialer Wettbewerb rügt Vertrieb ohne Zulassung

Ein pharmazeutischer Großhändler vertrieb ein Nahrungsergänzungsmittel, welches einen Kudzu-Trockenextrakt enthielt. Bei Kudzu handelt es sich um eine in Indien wild wachsende oder kultivierte Pflanze, die zu den Hülsenfrüchten zählt und eine enge Verwandtschaft mit einheimischen Bohnengewächsen aufweist. Seit über 2500 Jahren werden in der traditionellen chinesischen Medizin die Blüten und Wurzeln zur Unterstützung der menschlichen Gesundheit verzehrt. Der Verband Sozialer Wettbewerb klagte gegen den Großhändler, da es sich bei dem Nahrungsergänzungsmittel um ein neuartiges Lebensmittel handele, welches mangels Zulassung gemäß der sogenannten Novel-Food-Verordnung nicht auf den Markt gebracht werden dürfe.

Gerichte bewerten Kudzu als neuartiges Lebensmittel

Die Gerichte gaben dem Kläger in allen Instanzen Recht. Der BGH bekräftigte in letzter Instanz, dass der Vertrieb eines Erzeugnisses, welches in den Anwendungsbereich der Novel-Food-Verordnung fällt, ohne Genehmigung und Notifizierung unlauter und wettbewerbswidrig ist. Dabei sei darauf abzustellen, ob Nahrungsergänzungsmittel vor dem maßgeblichen Stichtag 15.05.1997 in der Gemeinschaft in nennenswerter Menge für den menschlichen Verzehr verwendet wurden. Es komme nicht darauf an, ob ein nennenswerter Verzehr der Pflanze oder von Produkten, welche die Pflanze enthalten, erfolgte. Der Kläger habe substantiiert dargelegt, dass Nahrungsergänzungsmittel, die ein Extrakt der Kudzuwurzel enthalten, vor dem Stichtag in keinem EU-Mitgliedstaat in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurden. Der beklagte Großhändler hingegen habe dies nicht widerlegen können.

„FS“-Kennzeichnung nicht bindend

Dass das Nahrungsergänzungsmittel im sogenannten Novel-Food-Katalog mit dem Status „FS“ (food supplements) gekennzeichnet war, stellt nach Ansicht der Richter kein bindendes Indiz dafür dar, dass es sich nicht um ein neuartiges Lebensmittel im Sinne der Novel-Food-Verordnung handelt. Der Katalog sei ausweislich der Erläuterungen der Europäischen Kommission nicht abschließend und diene lediglich der Orientierung, ob ein Produkt unter die Novel-Food-Verordnung fällt. Untermauert werde diese Annahme auch durch den Umstand, dass nicht einmal ausdrückliche Verbotsentscheidungen der EU-Kommission über das konkrete Zulassungsverfahren hinaus bindende Wirkung entfalten.

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