Stabwechsel im Keks-Konzern: Manager statt Familie bei Bahlsen

26.04.2018 - Deutschland

Bahlsen setzt auf Veränderung. Der Senior-Chef des Keksherstellers zieht sich aus dem Alltagsgeschäft zurück und überlässt Managern von außen das Ruder. Doch ganz schwindet der Einfluss der Familie nicht.

Beim Keks- und Süßwarenhersteller Bahlsen zieht sich die Eigentümerfamilie aus dem Tagesgeschäft zurück. Der bisherige Firmenlenker Werner M. Bahlsen übergibt die Führung an ein vierköpfiges Manager-Team und wechselt in den Verwaltungsrat. «Ich werde mich künftig um die strategische Ausrichtung und vor allem auch die Start-ups kümmern», teilte er am Dienstag in Hannover mit.

Kurz vor dem 130-jährigen Bestehen der Gruppe wird damit dann kein Familienmitglied mehr für das operative Geschäft des Konzerns mit einem Jahresumsatz von 559 Millionen Euro zuständig sein - eine Premiere in der jüngeren Firmengeschichte.

Werner M. Bahlsen, der am 13. April 69 Jahre alt wurde, will aber als Vorsitzender des neu geschaffenen Verwaltungsrates weiter über die langfristige Ausrichtung wachen. Dem Gremium wird auch sein Sohn Johannes (30) angehören, der in der Automobilzulieferindustrie tätig ist. «Mit meinem ältesten Sohn Johannes im Verwaltungsrat als Vertreter der Familie binden wir frühzeitig die nächste Bahlsen-Generation in das Unternehmen ein», erklärte er. Es sei eine Chance, dass beide Generationen dann gemeinsam über die strategische Aufstellung des Unternehmens diskutieren können.

Als «Kronprinzen»-Entscheidung für die Nachfolge will Bahlsen allerdings die Wahl von einem seiner vier Kinder für dieses Gremium nicht verstanden wissen. «Alle vier Kinder haben Interesse am Unternehmen, aber wir haben jetzt in der Familie beschlossen, dass Johannes die Interessen seiner Geschwister vertritt», betonte Bahlsen, dem fünf Prozent der Anteile am Konzern gehören. Die übrigen 95 Prozent gehören den Kindern und werden von ihm mitverwaltet.

Mit Blick auf den möglichen Einstieg eines seiner Kinder sagte er, ihnen werde erst einmal Zeit für ihre Entwicklung eingeräumt: «Wir haben klare Absprachen, dass jeder seinen eigenen Weg gehen soll - das unterscheidet uns von vielen Familienunternehmen, wo der Generationenwechsel schwierig ist.»

Neben den beiden Bahlsen-Mitgliedern gehören dem Verwaltungsrat die Geschäftsführer der Hülsta-Gruppe, Matthias Becker, der Axel-Springer-Firma Plug & Play Accelerator, Jörg Rheinboldt, und der ehemalige McKinsey-Direktor Peter Barrenstein an.

Werner M. Bahlsen war in dem Unternehmen mehr als vier Jahrzehnte lang tätig - seit 1999 in seiner jetzigen Position. Seine Nachfolge im operativen Geschäft werden Daniela Mündler, Michael Hähnel, Scott Brankin und ab Herbst dann Jörg Hönemann gemeinsam antreten. Bahlsen begründete dies als den «logischen nächsten Schritt» und betonte mit Verweis auf die Mitte 2015 eingeleitete Neuausrichtung der Gruppe: «Das Unternehmen ist sehr gut für die Zukunft gerüstet.» Vorgesehen ist etwa bis zum Jahr 2025 eine Verdopplung des Umsatzes.

Bahlsen hatte sich eine Reform verordnet, bei der zum Beispiel die Ländergesellschaften mehr Freiheit bekamen. Sie leisten jetzt die Entwicklung neuer Produkte, die Werbung, den Vertrieb und die Produktion eigenverantwortlich. Weiteres Potenzial sieht Bahlsen im Auslandsgeschäft, bei neuen Werbemethoden sowie neuen Produkten. In sechs Werken in Deutschland und Polen produzierten die 2830 Bahlsen-Mitarbeiter im vergangenen Jahr 142 000 Tonnen Kekse, Riegel und Gebäck, die die Gruppe in 55 Länder exportiert.

Werner M. Bahlsen will die Gruppe künftig auch bei der Nachhaltigkeit seiner Rohstoffe auf eine neue Ebene stellen und kündigte in dem Kontext auch Reisen zu den Auslandsgesellschaften an. «Wir sind noch längst nicht da, wo wir hin wollen, aber auf gutem Wege», sagte er.(dpa)

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